GRINDELWALD, DER BERGSTEIGERORT

Grindelwald liegt eingebettet in eine einmalige Berglandschaft, geprägt durch die weltbekannte Bergkulisse mit Wetterhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau. Eine moderne, gut ausgebaute Transportinfrastruktur unterstützt die schier unbegrenzten Möglichkeiten für Ausflüge, Wanderungen und Bergbesteigungen.

www.grindelwald.swiss

BERGFÜHRER GRINDELWALD SEIT 1898

Der Bergführerverein Grindelwald wurde 1898 gegründet, aber schon seit mehr als 150 Jahren begleiten die Grindelwalder Bergführer ihre Gäste in die Berge. Gäste wurden zuerst auf dem ‘Lotserbänkli’, später dann über das eigene Bergführerbüro beworben und bedient. Heute gewährleistet die OUTDOOR Bergsteigerschule Grindelwald die Bergführerbvermittlung. Neben dem Führen haben die Bergführer sich auch stark eingesetzt bei Begehbarmachungen und Hüttenbau. Der Verein ist Eigner der Mittellegi-, Ostegg- und Mönchjochhütte.

Der Wahlspruch der Grindelwalder Bergführer:
Grindelwalder Führerschaft –Treue, Vorsicht, Mut und Kraft


www.mittellegi.ch                           www.moenchsjoch.ch

DIE OUTDOOR BERGSPORTSCHULE GRINDELWALD

Die Bergwelt selber aus nächster Nähe erleben, darin eintauchen! Das Bergführerbüro, heute geführt durch die OUTDOOR Bergsportschule Grindelwald bietet über das ganze Jahr unvergessliche Naturerlebnisse - für Einsteiger und Bergprofis. Hier kann der Interessierte seine Bergkarriere starten, Neues kennenlernen, Bekanntes weiterentwickeln und sorglos die Natur geniessen. Zum Beispiel ein Grundkurs Bergsteigen, eine Skitour auf die Jungfrau oder gar eine Gipfelbesteigung über den Mittellegigrat auf den Eiger!

Alle Bergführer sind IVBV ausgebildet - die höchste Ausbildungsstufe für Bergführer. Qualität und Sicherheit am Berg widerspiegeln sich auch in den Gruppengrössen, eine bis maximal acht Personen pro Bergführer ist bei OUTDOOR Standard.

www.outdoor.ch

EIGERNESS ORIGINAL GRINDELWALD

Eigerness steht für «sich wohlfühlen am Fusse der Eiger Nordwand». Dabei geht es um Geschichten, Produkte, lebendige und vielseitige Erlebnisse und das Entdecken von Wurzeln und Traditionen in den Bereichen;

• Kulinarik
• Design & Handwerk
• Lebensart
• Outdoor

Eigerness agiert als Verein und stellt die rechtmässige Verwendung des Qualitätssiegels Eigerness und die Auswahl der Auszeichnung mit dem Prädikat «Original Grindelwald» sicher. Gleichzeitig ist Eigerness als Produktmanagement im Tourismus verankert.

www.eigerness.ch

DER SAC GRINDELWALD

Die Sektion SAC Grindelwald wurde am 12. April 1907 gegründet und durfte bereits zum Jahresende 85 Vereinsmitglieder verzeichnen. Das Bergsteigen war zu jener Zeit längst heimisch und Grindelwald hat sich zu einem Bergsteigerzentrum entwickelt.

Heute zählt die Sektion rund 750 Mitglieder aus nah und fern und ist stolze Besitzerin der SAC Konkordiahütte 2850 M.ü.M. und SAC Berglihütte 3299 M.ü.M.
www.sac-grindelwald.ch

www.konkordiahuette.ch

www.berglihütte.ch

DER EIGER

Wesentlich geprägt wird der Bergsteigerort Grindelwald durch den Eiger, durch die Eigernordwand. Es gibt keinen Berg auf der ganzen Welt, dessen einzelne Stellen und Orte mit Flurnamen bezeichnet sind, die nicht nur Insider kennen. Erster Pfeiler, Stollenloch, Bügeleisen, Todesbiwak, Götterquergang…! Es gibt auch keinen Berg auf der Welt, der mitten in der schwierigen Wand ein Fenster hat – und hinter dem Fenster einen Bahntunnel, eine Bahnstation.

Unzählige Zeitungsberichte, Radiosendungen, TV-Produktionen, Filme, Bücher zeugen von den Taten der Bergsteiger an dieser Wand. Warum? Es gibt schwierigere Routen, höhere Berge! Geschuldet ist das der Lage dieses Berges, der Eiger steht in der nach nordwest gerichteten Berneralpenkette wie ein Schiffsbug, der Wind und Wetter ungeschützt ausgesetzt ist. Zudem führen Bahnen an seinen Fuss, er präsentiert sich dem Zuschauer wie eine ‘vertikale Arena’.

www.asverlag.lesestoff.ch.


Jeder Griff, jeder Tritt der Mutigen kann von der Kleinen Scheidegg mit dem Fernrohr beobachtet werden. Und die dramatischen Ereignisse haben meisterlich Regie geführt – acht Bersteiger sind ums Leben gekommen, bevor Anderl Heckmair und seine Kollegen 1938 die Wand erstmals durchstiegen haben.

Heute ist das Bergsteigen mit den uns zur Verfügung stehenden modernen Mitteln und Infos nichtmehrmit früher zu vergleichen.Der Berg - die Eigerwand fasziniert aber mit ihrer Wucht, ihrer Schönheit, und ihrer mythischen Geschichte immer noch.

www.bergwelten.com/a/eiger-ein-berg-der-extreme

GRINDELWALDER BERGFÜHRER IM AUSLAND HEUTE

(ZUSAMMENGESTELLT VOM OK 8000ER - GE)
Nach den 1980er Jahren fehlt eine genauere Auflistung der bergsteigerischen Auslandreisen der Grindelwalder:innen. Die Reisetätigkeit hat auch stark zugenommen, das Reisen ist viel einfacher und deutlich billiger geworden. Haben die sieben Kinley-Besteiger 1974 für einen Retourflug Zürich-Calgary noch über 4000 US$ bezahlt (bei einem $-Kurs von 4 Franken…!), kostet dieser heute (bei einem Kurs von 0.85…!) noch um die 900 Franken. Die Berge der Welt sind damit in die Nähe gerückt.

Auch Grindelwald hat erfolgreiche 8000er-Besteiger. Johann Kaufmann schreibt dazu:
Wir haben am 14. Mai 2004 den Shisha Pangma Hauptgipfel 8027 m erreicht. Mit den Ski sind wir bis 7’200m gegangen und den Rest zu Fuss aufgestiegen. Die Verhältnisse waren sehr gut - der Hauptgipfel ist nicht immer gut erreichbar wegen Lawinengefahr. Wir waren 12 Personen, 11 Bergführer und Gianni Goltz aus dem Tessin (er ist später leider am Everest umgekommen). Aus Grindelwald waren dabei Hanspeter Roth, Dres Abegglen und ich, wir haben alle den Gipfel erreicht. Jemand hat damals gesagt, dass wir die ersten Grindelwalder auf einem Achttausender seien. Ob das so ist, weiss ich nicht genau.

Zudem haben zahlreiche Grindelwalder Bergführer mit Privatgästen und Gruppen Bergtouren in aller Welt unternommen, sind oft in grosse Höhen vorgestossen und haben schwierige Routen gemeistert. Mit Ama Dablam, Half Dome, El. Capitain, Mount Logan und Mt. Kenia aber auch Denali (Mc Kinley), Kilimajaro, Toubkal, Assiniboine, Aconcagua sind nur einige wenige erwähnt, die Liste ist fast endlos…

Die Berge der Welt stehen für Schönheit, Herausforderung, Freude und Glück - aber auch für Gefahr, Angst, Zerstörung und Tod. Das Leben in den Bergen, das unterwegs sein in den Bergen ist geprägt durch eine unendliche Vielfalt und eine grosse Freiheit. Das war in alten Zeiten so und wird hoffentlich auch in Zukunft so sein.

"Menschen, die die Berge lieben, sind aus tiefster Seele frei,
sie entschweben leicht dem Alltagseinerlei.
Menschen, die die Berge lieben, widerspiegeln Sonnenlicht.
Die anderen, die im Tal geblieben, verstehen ihre Sprache nicht."

Aus dem Gipfelbuch auf dem Rotstock am Eiger

HISTORIE

Grindelwald wurde vor mehr als 1000 Jahren von Alamannen über die Grosse Scheidegg her besiedelt. Die Talbewohner lebten Jahrhunderte lang von der Landwirtschaft und von der Jagd.  

Der Tourismus im Ort begann sich im 18. Jahrhundert zu entwickeln, die ersten Besucher waren Forscher wie Albrecht von Haller, später Hugi, Agassiz, und Scheuchzer. Das brachte neue Betätigung und Arbeit für die Einheimischen ins Tal und so entstand auch der Beruf des Bergführers. Den Forschern folgten die jungen, gut betuchten Engländer - mit ihnen haben zahlreiche Grindelwalder Bergführer viele Gipfel in den Alpen erstbestiegen.

Die ersten Gäste übernachteten in früher Zeit im Pfarrhaus. Das erste Hotel «Schwarzer Adler» wurde 1820 eröffnet, die erste Wintersaison fand 1888 statt, 1890 kam es zur Betriebsaufnahme der Berner-Oberland-Bahn.

Grindelwald entwickelte sich dank seiner einmaligen Bergkulisse neben Zermatt und Pontresina rasch zu einer der wichtigsten Bergsteiger-Destination.

1893 wurde der Betrieb der Wengernalpbahn aufgenommen. 1912 folgte die Eröffnung der Jungfraubahn, was den Bergführern wiederum neue Möglichkeiten eröffnete. Nun waren n der Mönch (Eintagestour) und Jungfrau (zwei Tage) viel leichter erreichbar. Nachdem das Hotel auf dem Jungfraujoch durch einen Brand zerstört wurde, schufen die Grindelwalder Bergführer mit dem Bau der Mönchsjochhütte eine neue Übernachtungsmöglichkeit. 

GRINDELWALDER BERGFÜHRER IM AUSLAND

(VON DEN ANFÄNGEN BIS IN DIE 1980ER JAHRE - AUSZUG AUS "IM TAL VON GRINDELWALD" VON RUDOLF RUBI)

Als die höchsten Gipfel der Alpen bestiegen waren, riefen sich die Bergsteiger, allen voran wieder die Engländer, in Erinnerung, dass es auf der Erde zahlreiche Gebirge mit noch höheren Zielen gab. Unverzüglich machte man sich auch an deren Erforschung und Eroberung, und nach guter Engländerart nahm man dabei die Hilfe bewährter Schweizer Bergführer in Anspruch. So kam es, dass eine Anzahl Grindelwalder Führer auch in ausseralpinen Gebirgen ihre Spuren hinterlassen haben.


Die ersten waren Ulrich Kaufmann und Emil Boss, die 1883 zuerst in Neuseeland und dann im Himalaya tätig waren. Emil Boss war nicht patentierter Bergführer, sondern Hotelier, einer der Gebrüder Boss vom Hotel Bär. Aber er war ein geübter und erfahrener Berggänger, der den Hotelgästen, die zu Berge gehen wollten, mit Rat und Tat zur Seite stand und ihnen Führer vermittelte. Sehr häufig ging er selber mit auf Touren und konnte ohne weiteres einen Führer ersetzen. Er war es, der dem Herrn Reverend W. S. Green den Ulrich Kaufmann als Begleiter für Bergfahrten in Neuseeland empfahl. Ulrich Kaufmann, den Einheimischen als «Schybersboden Uelli» bekannt, war, als die Anfrage an ihn gelangte, im besten Alter von 36 Jahren. Er galt als sehr tüchtiger Führer, aber er war erst bereit, sich auf das Abenteuer Neuseeland einzulassen, als Emil Boss sich einverstanden erklärte mitzukommen. Die beiden trafen sich mit Reverend Green direkt in Neuseeland. Sie setzten sich gleich den höchsten Gipfel der Neuseeländer Alpen, den 3768 m hohen Mount Cook, zum Ziel und kamen im März 1883 auch zum Erfolg. Dank dieser Erstbesteigung war Ulrich Kaufmann – so hält Carl Egger in seinem Buche «Pioniere der Alpen» fest – der erste Schweizer Führer, «der einen wirklich bedeutenden Bergerfolg in fremdem Land verzeichnen konnte». Das hatte Folgen. Im Juni 1883 waren nämlich Boss und Kaufmann schon wieder unterwegs. Diesmal ging’s nach Indien, wo ein neuer Herr, W. W. Graham, auf sie wartete. Der Himalaya bescherte den dreien Erfolg und Misserfolg in etwa gleichem Masse. Sie betraten immerhin fünf Gipfel in Sikkim zwischen 5900 und 7300 m, und Graham konnte einiges zur besseren Kenntnis der Topographie und zur genaueren Kartierung des Himalaya beitragen. Seiner Schweizer Gefährten gedachte er stets mit grosser Anerkennung. — Emil Boss nahm später, in den Jahren 1887/88, mit Ulrich Almer an den ersten Winterbegehungen von Finsteraarhorn, Lauteraarhorn, Gross-Fiescherhorn und andern Gipfeln teil. Er starb dann aber schon mit 36 Jahren. «Schybersboden-Uelli» starb 1917 im Alter von 71 Jahren. Beide, Boss und Kaufmann, haben im Ausland beste Pionierarbeit geleistet.





1888 wurde zu einem grossen Kaukasusjahr für Ulrich Almer. Die Engländer Holder, Cockin und Woolley haben mit ihm und Christian Roth «miteinander oder einzeln eine ganze Anzahl der bedeutendsten Gipfel eingeheimst», schrieb Carl Egger. Der wohl schönste Erfolg gelang Cockin allein mit Ulrich Almer mit der Erstbesteigung des schwierigen Uschba-Nordgipfels (4737 m). Andreas Fischer bezeichnete in seinem Aufsatz «Zwei Kaukasus-Expeditionen» «dessen Eroberung als eine der kühnsten Taten, deren die Geschichte des Bergsteigens überhaupt gedenkt». Ausser dem Uschba wurden auch die Fünftausender Schchara (5124 m) und Dschangitau (5038 m) und der Katüntau (4968 m) bestiegen.

Cockin stellte Ulrich im Führerbuch folgendes Zeugnis aus: «Einen zäheren, begeisterteren, intelligenteren Führer als Almer kann man nicht finden, auch nicht einen, der eine neue Expedition mit grösserer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen kann. Almer hat auch die nötige Geschicklichkeit, mit den Einheimischen zu verhandeln, und man kann jederzeit auf seine Dienstwilligkeit bauen.» – Christen Roth war von starken, rheumatischen Schmerzen geplagt und konnte nicht an allen Besteigungen teilnehmen. Bei ihm handelt es sich um einen Roth aus jener Familie, die man mit dem Zunamen «Bodmi» bezeichnete, also um einen Bodmi-Christen. Er war mit Katharina Almer, Tochter des alten Almer Christen, verheiratet, war also Ulrichs Schwager, was seine Teilnahme an dessen Kaukasusfahrt erklärt. Christen Roth war ein Jahr älter als Ulrich. 1891 wanderte er mit seiner Familie nach Amerika aus, und was aus ihm geworden ist, weiss niemand genau.

Abb. 113 Ulrich Kaufmann (links) und Emil Boss (rechts) mit ihrem Herrn, Reverend W. S. Green, in Neuseeland, 1883

Schon im folgenden Jahr 1889 waren wieder Grindelwalder im Kaukasus anzutreffen, nämlich Christian Jossi Vater und Johann Kaufmann (im Lämpen) mit Hermann Woolley. Sie schlossen sich zuerst andern Engländern an, die mit Andreas Fischer, dem Meiringer Bergführer und nachmaligen Sekundarlehrer in Grindelwald (1891 – 1897), und weiteren Hasliführern eine 1888 am Dychtau verschollene Viererpartie suchen wollten, der auch Fischers Bruder Johann angehört hatte. Der letzte Biwakplatz der Unglücklichen wurde auch entdeckt. Woolley begab sich dann mit Jossi und Kaufmann auf eigene Bergfahrten. Und mit welchem Erfolg!

Zuerst einmal bestiegen er und Jossi erstmals den 5145 m hohen Koschtantau, dann erreichten sie auch noch den Gipfel des Mischirgitau (4930 m) und den Elbrus (5629 m), den höchsten Kaukasusberg, gingen sie auf neuer Route an. Während Kaufmann öfters gesundheitlich angeschlagen war, erwies sich Jossi auf der ganzen Expedition als zäher und absolut zuverlässiger Gletschermann.

Ulrich Almer reiste 1890 allein mit seinen alten Herren Cockin und Holder zum zweitenmal in den Kaukasus und konnte wieder schöne Erfolge verbuchen: sie bestiegen unter anderen den höchsten Punkt der Adaichochgruppe. «In allen Fällen legte Almer sein erstaunliches Geschick in der Wahl der Routen und seine ausgesprochene Meisterschaft im Eis an den Tag», urteilte John G. Cockin im Führerbuch.

Zum zweitenmal im Kaukasus anzutreffen war 1904 auch Andreas Fischer, diesmal begleitet vom 32 Jahre alten Christian Jossi Sohn. Ihr Tourist, der eine regelrechte Erforschung des westlichen Teils des grosses Gebirges vorzunehmen gedachte, war der Gründer und Präsident des russischen Alpenclubs, Baron Alexander von Meck, den Fischer 1903 schon im Montblancgebiet geführt hatte. Die Expedition verlief sehr erfolgreich; die beiden Führer erstiegen mit von Meck erstmals den Dschalow-Tschat (3824 m), dann die Führer allein die schöne Belalakaja (3851 m), die Fischer mit dem Matterhorn verglich, und schliesslich vollführten Fischer und Jossi auch noch die erste Nord-Süd-Traversierung des Elbrus. Fischers Originalbericht darüber in Jossis Führerbuch lautet (leicht gekürzt): «Traversierung des Elbrus, 25.-26. August. Vom Zeltplatz (ca. 2850 m) brachen wir um 11 Uhr mittags auf, stiegen über den Karatschulgletscher hinan und erreichten um 3 Uhr in ca. 3600 m Höhe das erste Firnplateau. Hier trafen wir auf den gefürchteten Neuschnee, der uns nun für 20 Stunden nicht mehr losliess. Abends 8 Uhr erreichten wir eine isolierte Gruppe von Lavablöcken (ca. 4600 m), aber die Temperatur (- 13 Grad Celsius) gestattete kein Rasten.

Bei Mondschein gingen wir vorwärts, beständig in tiefem Pulverschnee einsinkend, und standen morgens 2.40 Uhr im Elbrus-Sattel (5268 m). Hier warteten wir bei einer Temperatur von minus 18 Grad Celsius auf die Sonne. Um 6 Uhr begann der Aufstieg auf den Westgipfel; um 7.10 Uhr erreichten wir den Ostrand des Gipfelplateaus und etliche Minuten vor 8 Uhr die höchste Spitze (5629 m). Der Abstieg ging direkt nach Süden, und in der Abenddämmerung gelangten wir hinunter ins Baksantal. Die Tour war ausserordentlich lang und anstrengend, und Jossi hat bei dieser Gelegenheit geleistet, was man von eines Mannes Zähigkeit und Ausdauer überhaupt nur erwarten darf.» – Mit Baron von Meck wurden weitere vier Dreitausender erstmals bestiegen. Der Russe schrieb seitenlang über die Expedition in Jossis Buch und zollte dem ausdauernden Grindelwalder hohes Lob. Dieses Buch ist ein äusserst interessantes Dokument. Zahlreiche Herren beanspruchten Jossi zur Besteigung der bekanntesten wie auch sehr wenig aufgesuchter Gipfel im ganzen Alpengebiet. Er war bis 1932, bis er 60 Jahre alt wurde, als Führer tätig und starb 1956.

Abb. 114 Oberländer Bergführer 1903/04 im Dienste der «Canadian Pacific Railway» In der vorderen Reihe von links die Grindelwalder Christian Kaufmann und Hans Kaufmann und an vierter Stelle Christian Bohren

Weit in fremden Bergen herum kam der 1872 geborene Christian Kaufmann (Graben Peters). Zuerst war er als einer von vier Führern Edward Whympers 1901 in Kanada tätig, wo der berühmte Engländer als Beauftragter der Canadian Pacific Railway gewisse Gebiete topographisch erforschte. Die andern drei Führer waren der bekannte Engadiner Christian Klucker, der Walliser Josef Pollinger und der Savoyarde Joseph Bossoney, was Klucker in seinen «Erinnerungen eines Bergführers» zum launigen Kommentar veranlasste: «Die Whympersche Führerschaft für Kanada bestand also aus zwei gut katholischen, verheirateten Josephs und zwei ketzerhaften, ledigen Christians.» Die Führer waren übrigens einhellig mit dem Ergebnis der Expedition gar nicht zufrieden; sie hätten viel mehr Erstbesteigungen lockender Gipfel ausführen wollen, mussten sich aber Whympers Anordnungen fügen, und das war nicht mehr der Whymper der Sechzigerjahre!

Zum Glück gesellte sich der englische Reverend James Outram zu Whympers Truppe, und dank ihm kamen in den folgenden acht Wochen die Führer noch einigermassen auf ihre Rechnung. Outram war, so charakterisiert ihn Klucker, «ein guter, lieber Mann, ein ausgezeichneter Bergsteiger und im Gegensatz zu Whymper ein mustergültiger Abstinent». Man darf annehmen, dass Outram es war, der Christian Kaufmann bewegen konnte, 1902 wieder nach Kanada zu kommen. Er und Outram müssen eine gut harmonierende Seilschaft gewesen sein. Im Juli und August betraten sie zehn grosse Gipfel zum erstenmal, darunter den bedeutenden Mount Columbia (3747 m), den zweithöchsten Berg der kanadischen Rockies, sowie Mount Forbes (3612 m) und Mount Bryce (3507 m). Christians zwei Jahre jüngerer Bruder Hans Kaufmann war zum Teil dabei, zum Teil war er mit andern Leuten unterwegs. Auch der Sommer 1903 wurde für die beiden zu einem sehr erfolgreichen Kanada-Aufenthalt, während dem wieder mehrere Erstbesteigungen grosser Berge (Mt. Goodsir, Mt. Hungabee) verzeichnet werden konnten.

Die beiden Brüder waren auch 1904 als gesuchte Führer drüben anzutreffen. Auch ihr älterer Halbbruder Peter Kaufmann trat 1907 einige Zeit in den Dienst der Canadian Pacific Railway. – Im Oktober 1905 meldete das «Echo»: «Wie sehr unsere hiesigen Bergführer beliebt und bekannt sind, beweist wieder das Engagement, welches dem Canadierführer Hans Kaufmann, Moosgaden, zuteil wurde. Derselbe ist berufen worden, mit einem englischen Bergherren nach Südamerika zu reisen, um daselbst in den Gebirgen kleinere und grössere Exkursionen auszuführen. Wir wünschen ihm viel Glück.» Es soll sich um den bekannten Alpinisten Wedgewood gehandelt haben. – Ab Juli 1906 war Christian zum letztenmal in Kanada tätig, aber nicht zum letztenmal im Ausland. 1907 lernte er nämlich als Führer des bekannten englischen Himalaya-Pioniers Kellas auch das asiatische Hochgebirge kennen. Hier war ein weiterer Bruder, Fritz Kaufmann, mit von der Partie. Es wurden Versuche auf verschiedene Hochgipfel in Sikkim unternommen, doch war das Verhältnis zwischen Herr und Führern nicht das beste. Ob registrierbare Erfolge deshalb ausblieben, bleibe dahingestellt. — Schliesslich sei noch erwähnt, dass Christian im Jahre 1912 mit John W. S. Brady auch in Norwegen Berge bestieg.

Als der Schriftsteller Konrad Falke am 24. Dezember 1907 die erste winterliche Nord-Süd-Traversierung des Mönchs unternahm, begleiteten ihn die Führer Peter Inäbnit (Leepeter senior) und Rudolf Inäbnit (junior) und Christian Bohren, «der sich schon dreimal mit den Schneeriesen Kanadas siegreich gemessen hat», wie Falke im Buch «Im Banne der Jungfrau» schreibt. Es handelt sich um den 1865 auf der Trychelegg geborenen Bohren Christen, der später auf dem Sand wohnte.

Auch er gehörte zu den erfolgreichen Grindelwaldern in Kanada, gelang ihm doch 1901 mit James Outram die Erstbesteigung der vielleicht kühnsten Berggestalt der kanadischen Rockies, des 3618 m hohen Mount Assiniboine. Diese Tat ist es wert, in Outrams eigenen Worten aus Christians Führerbuch in Erinnerung gerufen zu werden: «Christian Bohren war einer meiner Führer bei der Erstbesteigung des Mount Assiniboine, den wir am 3. September traversierten. Er erwies sich als ausgezeichneter Führer, sowohl beim Aufstieg in der Südwestseite, die noch gänzlich unerforscht war, als auch als letzter am Seil beim Abstieg über den Nordgrat, der wohl die schwierigste bis jetzt in den Rockies ausgeführte Kletterei darstellt.» Das war Bohren Christens erster Sommer in Kanada; im Führerbuch finden sich dann nicht weniger als 21 Seiten Einträge über Besteigungen fast aller bedeutender Gipfel in British Columbia und Alberta, darunter wohl ein Dutzend Erstbegehungen und Neutouren in den Sommern 1903 und 1904. Der Deutsche Eduard Tewes aus Bremen übertrumpft dabei James Outram, indem er von der Erstbegehung des Nordgrates des Mount Sir Donald (3297 m) und zugleich ersten Traversierung dieses Berges schreibt, dass es «die wohl schwerste bis jetzt in Nordamerika gemachte» Tour sei und Bohren dabei «seine fabelhafte Gewandtheit im Felsklettern im besten Lichte zu zeigen» Gelegenheit hatte. Es bleibt ein letzter Kanada-Grindelwalder der damaligen Zeit zu nennen, nämlich der 1878 an Stotzhalten geborene Fritz Brawand, «ds Bräwwis Fritz in der Nirggen», wo er später mit seiner Familie wohnte. Er war bei der Unglückspartie, die 1910 im Bergli von einer Lawine verschüttet wurde, kam zwar mit dem Leben davon, erlitt aber doch einen bleibenden Schaden, wie sich nachträglich zeigen sollte. Den Sommer 1911 verbrachte er in Kanada und kam mit dem Vorhaben zurück, mit der ganzen Familie, Frau und sechs Kindern, dorthin auszuwandern. Die Vorbereitungen waren getroffen, doch dann erkrankte er ernsthaft, und die Reise musste aufgegeben werden. Er starb schon 1917, erst 39 Jahre alt, an Lungentuberkulose.

Das Wirken dieser Grindelwalder Führer, zusammen mit den Feuz, Häsler, Aemmer von Gsteigwiler und Interlaken, die im Dienste der Canadian Pacific Railway standen, wurde 1928 vom amerikanischen Publizisten Arthur O. Wheeler wie folgt gewürdigt: «Das Auftauchen der Schweizer Führer leitete eine neue Aera ein. Das Bergsteigen erhielt grössere Bedeutung und beschränkte sich nicht mehr nur auf Bergsteiger, die in alpinen Kreisen und Bergclubs einen Ruf besassen.» Mit andern Worten: Es waren die Schweizer Führer, die das Bergsteigen in den kanadischen Rockies recht eigentlich populär machten. —

Nach diesen «Kanadiern» trifft man erst 1932 wieder einen Grindelwalder Bergführer ausserhalb der Alpen. Es war Fritz Steuri junior, der zusammen mit David Zogg und Richard Angst (als Kameramann) und über dreissig weitern Leuten aus Deutschland sechs Monate an der Westküste Grönlands verbrachte und als Bergführer und Sachverständiger für Gletscherfragen mithalf, einen Film über die Gefahren der Eisberge zu drehen. Expeditionsleiter war Dr. Fanck. – 1939 organisierte die Schweizerische Stiftung für Alpine Forschungen (SSAF) eine Expedition in den Garhwal-Himalaya. Sie stand unter der Leitung des bekannten Genfer Bergsteigers André Roch. Die Wahl seiner Bergführer-Begleiter fiel wieder auf Fritz Steuri und David Zogg. Mit der Erstbesteigung des Dunagiri (7066 m) und des Ghori Parbat (6714 m) gelangen ihnen zwei schöne Erfolge. Die Krönung hätte der Badrinath (7156 m) werden sollen, doch am 10. September ereilte sie im Hochlager auf etwa 5700 m ein Unglück. Fritz Steuri schilderte es wie folgt: «Ziemlich genau um Mittag erfasste ein orkanartiger Sturm unser Zelt, fast gleichzeitig prasselte Schnee und Eis darauf, und mit rasender Geschwindigkeit rollten wir in einer Lawine den 500 m langen Hang hinunter. Es waren entsetzliche Sekunden! Alle drei im Zelt eingerollt, waren wir der Lawine hoffnungslos preisgegeben. Immer wieder wurden wir heftig durcheinander geworfen. Es war in unserem rollenden und springenden Gefängnis sozusagen dunkel. Einmal merkte ich, wie sich einer meiner Kameraden an mich klammerte. Es war André. Wie er nachher sagte, war er überzeugt, dass wir unsere Todesfahrt angetreten hatten, und er hielt sich an mir fest, um nicht allein sterben zu müssen. Endlos schien die Fahrt, obschon sie nur Minuten dauerte... Im nächsten Augenblick wurde ich durch einen Riss im Zeltdach hoch im Bogen ins Freie geschleudert. Kaum aber der Dunkelheit dieses beängstigend engen Gefängnisses entwischt, traf mich ein Eisblock auf den Rücken. Für den Bruchteil einer Sekunde kamen meine Sinne in Unordnung, und schon wurde ich von den Schneemassen bis an den Kopf eingepackt. Durch verzweifeltes Zappeln mit Armen und Beinen konnte ich mich wieder an die Oberfläche schaffen. Schon dachte ich mit Entsetzen an die mächtigen Spalten, die kaum 100 m tiefer mein Grab sein werden. Inzwischen kämpfte ich gegen die Schneemassen, die mich immer wieder zudecken wollten. Endlich nahm das Tempo der Lawine ab, und allmählich kam sie ganz zum Stillstehen. Angstlich sah ich mich nach André und Vitter um. Etwas oberhalb mir lagen sie beide nahe beim zerfetzten Zelt. Es war ein grosses Wunder, dass keiner von uns zugedeckt wurde.» – Diesem Unheil mit viel Glück entronnen, vernahmen sie, dass in Europa der Krieg ausgebrochen sei. Und so schliesst ihr gemeinsamer Bericht «Schweizer im Himalaya»: «Zwei Träger tot! Krieg in Europa! Ein Teil der Ausrüstung verloren.. Wir mussten weitere Pläne aufgeben und die Reise abbrechen. Unsere Himalaya-Fahrt war zu Ende!»

Eine weitere von der SSAF organisierte Expedition nach Nepal wurde für 1949 geplant. Zwei Bergführer sollten ihr angehören. Die Wahl fiel diesmal auf die Grindelwalder Adolf Rubi und Jakob Pargätzi. Teilnehmer waren die einige Zeit in Grindelwald wohnhafte Anneliese Lohner, ferner Alfred Sutter, René Dittert und als Leiter Dr. Edouard Wyss-Dunant. Adolf Rubi musste leider gesundheitshalber schon bald zurückkehren. Die Expedition begab sich ins Gebiet des Kangchendzönga, des dritthöchsten Berges der Welt, an der Grenze zwischen Nepal und Sikkim, und konnte mit der Erstbesteigung des 7100 m hohen Pyramid Peak-Nordgipfels den schönsten Erfolg verbuchen. Ausserdem wurden noch einige Sechstausender erstmals betreten. Joggi Pargätzi bewährte sich als Führer und Kamerad in jeder Hinsicht. Ein ausführlicher Expeditionsbericht ist im fünften Band der Reihe «Berge der Welt» (1950) enthalten.

War es Adolf Rubi 1949 nicht beschieden gewesen, die 6000 m zu erreichen, so glückte ihm dies zehn Jahre später in Afrika. Mit jenem Bergfreund, den er auf unzählige Viertausender der Schweizer Alpen geführt hatte, Walter Schmid, konnte er Ende Februar 1959 den 6010 m hohen Kulminationspunkt des schwarzen Erdteils, den Kilimandscharo, betreten. (Es muss hier wohl beigefügt werden, dass die neueren Vermessungen den Kilimandscharo auf 5963 m degradiert haben.) Walter Schmid hat diesen alpinistischen Ausflug nach Afrika im Buch «Selbander zum Kilimandscharo» anschaulich beschrieben; man erfährt bei der Lektüre, dass Adolf auf dem Gipfelgrat, dem Kraterrand des erloschenen Vulkans Kibo, «sogar Gelegenheit hat, seinen Pickel zu schwingen und ein paar Stufen zu schlagen». Mitten im heissen Afrika, unweit des Aequators! – Adolf Rubi lernte auch den Kaukasus kennen: 1971 war er mit einer Gruppe des Akademischen Alpenclubs Zürich am Elbrus.

Im Februar 1970 bestieg dann wieder ein Grindelwalder Führer den Kilimandscharo: Hans Almer, ein 1916 geborener Enkel Ulrichs, begleitete Miss Fernandes auf die höchste Spitze Afrikas. Besucht wurde auch das Mount Kenya-Massiv, wobei Hans seine Touristin auf die 4968 m hohe Lenana-Spitze führte und allein den Nelion (5181 m) bestieg. Auch das dritthöchste Bergmassiv Afrikas, der Ruwenzori (5119 m), wurde besichtigt, eine Besteigung erfolgte nicht. Dafür standen die Reisenden zum Abschluss noch auf dem Mount Elgon (4321 m), einem erloschenen Vulkan in Uganda.


Auch Hermann Steuri war in aussereuropäischen Bergen tätig. Er war 1966 massgeblich an einer schweizerischen Anden-Expedition beteiligt, die unter der administrativen Leitung von Ernst Schmied, dem Zweitbesteiger des Everest, stand. Ihr Hauptziel war der zweithöchste Berg Perus, der 6634 m messende Yerupaja Grande. Erreicht wurde der 6515 m hohe Yerupaja-Süd, und zwar von Hermann mit den beiden Kameraden Ernst Schmied und Rudolf Debrunner. Es war unmöglich, den gefährlich verwächteten Grat bis zum Hauptgipfel zu begehen. Hermann Steuri stand ausserdem mit Ernst Schill auf dem 6040 m hohen Nevado Rasac und allein auf dem Rasac Central (5617 m). – Weitere Touren in den Anden machte Hermann Steuri im gleichen Jahr mit dem Schweizer Industriellen Karl Merz. Diesen führte er 1971 auch auf den dritthöchsten Berg Afrikas, den Ruwenzori (5119 m).

Abb. 115 Junge Grindelwalder 1974 am Mount McKinley in Alaska Von links: Edi Bohren, Jakob Wyss, Ruedi Bhend, Hanspeter Stettler, Peter Schlunegger und Godi Egger. Albert Bohren machte die Aufnahme.

Anfangs der siebziger Jahre gab es eine ganze Anzahl junge, unternehmungsfreudige Führeraspiranten in Grindelwald. Fast neunzig Jahre, nachdem der höchste Berg Neuseelands, der Mount Cook, von zwei Grindelwaldern erstbestiegen worden war, stand 1972 der junge Edi Bohren mit seinem Kameraden Hannes Stähli von Wilderswil, Sohn einer Grindelwalderin, wieder auf dieser stolzen Zinne. Gleichen Jahres bestiegen Albert Bohren, Edis Bruder, und Jakob Wyss den 3954 m hohen Mount Robson, den höchsten Gipfel der Rocky Mountains in Kanada. Jakob Wyss hat auch den Mount Fearweather (4663 m) an der Küste des Alaska-Golfes bestiegen. 1974 haben dann nicht weniger als sieben junge Grindelwalder in Alaska ihren Unternehmungsgeist unter Beweis gestellt: am 26. Mai standen sie auf dem 6193 m hohen Mount McKinley, dem höchsten Berg Nordamerikas, der als der kälteste Berg der Welt gilt. Es waren die fünf 1973 neu patentierten Führer Albert und Edi Bohren (Gydisdorf), Peter Schlunegger (Spillstatt), Hanspeter Stettler (Schoenegg), und Jakob Wyss (auf dem Brand), denen sich Rudolf Bhend (Tuftli), und Godi Egger (Stutz/Wärgistal) zugesellt hatten. Der jüngste zählte 21, der älteste 30 Jahre. Aus eigenem Antrieb hatten sie diese Expedition unternommen. Der Aufstieg am Berg erforderte zwölf Tage. Bei minus 34 Grad Celsius und starkem Wind erreichten sie alle sieben den Gipfel. Nach dem Abstieg, der in drei Tagen bewältigt wurde, meldete einer in lakonischer Kürze nach Hause: «Wir sind alle gesund und mit warmen Zehen vom Kinley zurückgekehrt.» Eine Besteigung des Mount McKinley ist, wie man etwa Dölf Reists Werk «Traumberge der Welt» entnehmen kann, ein Unternehmen, das sorgfältigste Planung und Umsicht, aber auch grösste körperliche Leistungsfähigkeit und Widerstandskraft und einen zähen Willen zum Durchhalten auch bei widrigstem Wetter verlangt. Die jungen Alpinisten waren vor ihrer Abreise in bergsteigerischen Belangen von den erfahrenen Praktikern Dölf Reist und Hermann Steuri, in medizinischen von den Ärzten Dr. Blöchlinger und Dr. Iranyi beraten worden. Sie sind offenbar gelehrige Schüler gewesen.

In der Folge wurde Amerikas Norden, hauptsächlich wieder Kanada, zum beliebten Tummelplatz einiger dieser jungen Führer. In dem vom Oesterreicher Hans Gmoser propagierten und in Schwung gebrachten «Heli-Skijing» haben etliche als Skiführer mitgewirkt. Jakob Wyss ist jetzt (1984) sogar in leitender Stellung tätig, und Hanspeter Stettler führt eine sogenannte Lodge, eine Unterkunft, die als Ausgangspunkt für das Heli-Skijing, aber auch für Sommerbergtouren dient. Diese wurden auch nicht vernachlässigt: Kobi Wyss, Edi Bohren und Hanspeter Stettler bestiegen 1977 den mächtigen Mount Logan (6050 m) an der Grenze Kanada/Alaska. Hierauf bauten sie an diesem Berge im Auftrag des «Arctic Institut of Northamerica» eine Schutzhütte in etwa 5000 m Höhe. Edi und Kobi nahmen sich 1979 mit Japanern auch wieder den Mount Assiniboine zum Ziel, den ihr Grindelwalder Vorgänger Bohren Christen von der Trychelegg vor 78 Jahren zum ersten Mal betreten hatte. Peter Schlunegger bestieg 1981 mit deutscher Kundschaft die in der Umgebung von Banff liegenden Mount Athabasca (3491 m) und Mount Temple (3544 m).

Es gibt noch andere, weniger bekannte und dennoch eindrückliche Gebirge ausserhalb Europas, und dafür, dass Grindelwalder auch dort vertreten seien, sorgte im letzten Jahrzehnt der 1934 geborene Ulrich Sommer, Sohn des unvergessenen Werner Sommer, des langjährigen Hoteliers auf Jungfraujoch. Ab 1974 leitete UI-rich zahlreiche Sommer- und Wintertrekkings im Hohen Atlas, wobei regelmässig der Kulminationspunkt dieser marokkanischen Gebirgskette, der Djebel Toubkal (4165 m) und eine Anzahl weiterer Viertausender betreten wurden.

Im Herbst 1976 galt eine Expeditionstour dem aethiopischen «Hochsemyen-Gebirge, die mit der Ersteigung des Ras Dashan (4620 m) gekrönt wurde», steht im Führerbuch zu lesen. Ueli Sommer wird vermutlich auch der erste Grindelwalder im eigenartigen Hoggar-Bergland in der zentralen Sahara Algeriens gewesen sein, wohin er in den Jahren 1977, 1979 und 1980 Reisegruppen führte. Neuerdings (1983) waren auch der Ararat an der türkischiranischen Grenze und (1984) die gebirgigen, indonesischen Inseln Java und Bali Ziele von Berggängern, welche die Dienste Ueli Sommers in Anspruch nahmen. Ubereinstimmend werden seine Qualitäten als «Bergführer, Koch, Ratschläger und Manager» gerühmt.

Ein weiterer junger Führer, Ueli Frei, konnte 1974 eine Kundfahrt ins Pamir-Gebirge mitmachen. Die Russen veranstalteten eine sogenannte Alpiniade, wozu sie ausländische Bergsteigerorganisationen einluden. Zehn Nationen nahmen an der Expedition zum Pik Lenin (7134 m) teil, darunter 17 Schweizer. Der Pik Lenin wurde von einigen Gruppen erreicht, andern verwehrte der häufige, heftige Sturmwind den Erfolg. Ueli Frei erreichte eine Höhe von 6800 m und musste wegen leichten Erfrierungen an den Füssen umkehren. Die ganze Veranstaltung endete des meist stürmischen Wetters wegen tragisch; es waren zehn Todesopfer zu beklagen, darunter acht russische Bergsteigerinnen.Der junge Mühlebacher Führer Hanspeter Schlunegger ist auch ein schon sehr weit gereister Mann. Mit dem Kollegen Paul Tschanz war auch er 1979 auf dem Pik Lenin und dem Pik Kommunismus (7495 m), und in den Anden Südamerikas war er 1978 ebenfalls tätig gewesen.

Der Himalaya erhielt 1975 wieder einmal Besuch aus Grindelwald; diesmal war es Hanspeter Stettler, der Dölf Reist auf einem Trekking ins Baltorogebiet (Karakorum) begleitete. Zu einem ganz besonderen Auslandsaufenthalt kam Edi Bohren im Jahre 1981. Die «Nepal Mountaineering Association» (NMA) führte Ausbildungskurse für Sherpas durch. Das sind bekanntlich die zähen Hochträger, welche unzähligen Expeditionen von Europäern zu ihren Erfolgen im Himalaya verholfen haben. Auf Anfrage wurde Edi Bohren vom SAC der NMA als Ausbildungsleiter zur Verfügung gestellt. 46 meist nepalesische Teilnehmer wurden im August/September in Manang (3400 m) alpintechnisch ausgebildet. Nebst dem Schweizer Bergführer waren noch je ein solcher aus Jugoslavien, Polen, Deutschland, Nepal und Kanada als Klassenlehrer tätig. Als technischer Leiter amtierte ein zweiter Jugoslave. Im Laufe des Schulungsprogrammes wurden die beiden Sechstausender Naur Peak und Chulu West erstiegen.

Die alte Tradition, dass Grindelwalder Bergführer auch ausserhalb Europas wirken, hat sich also über hundert Jahre hinweg erhalten. Dass dies für den Ruf und damit für die Entwicklung Grindelwalds als internationales Bergsteigerzentrum von grosser Bedeutung war und immer noch ist, leuchtet ein. Es lässt sich aus den Büchern der Auslandsführer unschwer herauslesen, dass sie mit ihrer Tätigkeit in ausseralpinen Gebieten immer wieder Leute in ihr Heimatdorf gezogen haben, die Familie und Freunde mitbrachten. Mit ihren in fernen Gebirgen bewährten Führern wollten und wollen Alpinisten aus aller Welt auch die hiesigen Berge kennenlernen und ihre Freundschaft mit den «Swiss-Guides» vertiefen.